Die Lernwerkstatt „Das Islandpferd”

Die Lernwerkstatt setzt es sich zum Ziel, bei Kindern und Jugendlichen mit LRS (Lese- und Rechtschreibschwäche), Leseunlust oder Schwierigkeiten im Umgang mit Texten, über das Islandpferd themengebundenes Interesse zu nutzen und den Spaß und die Freude am Lernen zu vermitteln.

SchülerInnen im Alter von ca. 8 – 12 Jahren erhalten die Möglichkeit den korrekten Umgang mit Pferden zu erlernen. Auf und mit dem Pferd verbessern sie durch Bewegungsspiele ihre Körperwahrnehmung und Motorik, wodurch ihnen der Zugang zum Lesen und Schreiben erleichtert wird. Gleichzeitig fördern diese gemeinsamen Tätigkeiten die Sozialkompetenz und stärken das Selbstwertgefühl.

In diesem kompakten Förderkurs arbeiten die Kinder in kleinen Gruppen mit intensiver Betreuung von 10 – 17 Uhr. Die Mahlzeiten finden gemeinsam in familiärer Atmosphäre statt.


Ziele: Mit und auf dem Pferd

  • Körperwahrnehmung und Motorik schulen
  • Selbst- und Fremdwahrnehmung entwickeln
  • Selbstwertstärkung
  • Stärkung der sozialen Kompetenz
  • Umgang mit dem Pferd (führen, putzen)
  • geführtes Reiten und Bewegungsspiele


    Mit Stift und Papier

  • Sinnentnehmendes Lesen fördern
  • Schreibkompetenz erweitern
  • Spaß am freien Schreiben
  • Grundlagen der Rechtschreibung (Strategien)
  • Textaufbau, Schreibtechniken (z. B. kreatives Schreiben)
  • Graphomotorische Übungen


    „Das Islandpferd”

    Isis helfen richtig zu schreiben

    Was haben Islandpferde mit der Lese-Rechtschreibschwäche zu tun? Sehr viel! Das beweist die Idee von der Lernwerkstatt „Das Islandpferd”. Und die Kinder finden lernen auf einmal „total cool”.

    Evelyn Liedel ist integrative Lerntherapeutin und begeisterte Isi-Reiterin. 2007 verband sie ihre beiden Leidenschaften zu einer Schreibwerkstatt, die sich gezielt an Kinder mit Lese-Rechtschreibschwäche wandte. Kaum hatte sie den Ferienkurs bekannt gegeben, waren die zehn Plätze auch schon ausgebucht. Das Konzept spricht sowohl Eltern als auch Kinder sehr an. So schrieben die Kinder der ersten Werkstatt in ihrem Zeitungsartikel:

    „Jeder von uns hatte ein eigenes Tagebuch und eine Mappe voller Arbeitsblätter. Es gab ganz schön viel zu tun. Wir fanden die Arbeitsblätter über die verschiedenen Gangarten, die Abzeichen, über die Pferdesportarten und die Bilder zum Ausmalen total cool.”

    Um eine solche Idee umzusetzen, braucht es natürlich Partner. Den fand die erfahrene Lerntherapeutin mit dem Gestüt Lindenhof in Verantwortung von Familie Trappe. Dort existiert ein Gruppenraum, die Isis stehen den Kindern mit der Reitlehrerin Anna Eschner zur Verfügung und für die gute Verpflegung sorgt Sabine Trappe. Eine ideale Umgebung, um schulmüden Kindern wieder Spaß am Lernen, am Lesen und am Schreiben beizubringen. „Überrascht hat uns, dass alle Kinder AD(H)S (Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom mit und ohne Hyperaktivität), diagnostiziert hatten, sieben Kinder davon mit Medikation. Aber wir haben den Ablauf der Werkstatt schnell darauf abgestellt, und es hat fantastisch geklappt”, freut sich die Münsteraner Lerntherapeutin.


    Die Durchführung

    Der Förderkurs ging in der Woche von Montag bis Freitag von 10-17 Uhr. Zwischen 9.30h und 10h wurden die Kinder gebracht und zwischen 17h und 17.15h wieder abgeholt.

    Die Kinder wurden zeitweise in zwei Gruppen aufgeteilt, die parallel gearbeitet haben. Die eine Gruppe bestand aus fünf Kindern, die schon reiterliche Vorerfahrung mitbrachten. Die andere Gruppe bestand aus den fünf Kindern, die noch keinerlei Kontakte zu Pferden im Vorfeld hatten.

    Eine Gruppe arbeitete im Seminarraum unter der Leitung von Evelyn Liedel und einem Lehramtsstudenten. Für jeden Tag gab es mindestens einen Eintrag ins Tagebuch, den die Kinder frei gestalten konnten. Sie konnten Arbeitsblätter aus ihrer Mappe zum Thema Pferd nutzen, Bilder malen, eigene Texte verfassen oder basteln. Auch den Umschlag für die Tagebücher gestalteten sie individuell. Je nach Situation wurden die Kinder von uns in kleinen Einheiten zusammengefasst und je nach Lernstand individuell begleitet und angeleitet.

    Die Kinder der zweiten Gruppe unter Leitung von Anna Eschner und zwei PraktikannInnen arbeitete in der Halle und auf dem Reitplatz mit und auf dem Pferd. Die Pferde wurden aus den Paddocks geholt, geputzt und gesattelt. Dabei lernten die Kinder spielerisch den richtigen Umgang mit dem Partner Pferd und alles was zu Pflege etc. dazugehört, aber auch aufeinander zu achten und sich gegenseitig zu helfen. Mit und auf dem Pferd ging es dann um Körperwahrnehmung, Ängste zu überwinden und vor allem viel Spaß beim „Reiten”. Nach rund zwei Stunden wechselten die Gruppen.

    Um 12.30h gab es gemeinsames Mittagessen. In der Mittagspause hatten die Kinder verschiedene betreute Angebote zur Verfügung: Fußball spielen, in Büchern schmökern, eine Vorlesegruppe, Spiele auszuprobieren, sich zum Ausruhen zurückzuziehen, weitere Bewegungsspiele draußen etc.

    Zu den Gruppenangeboten gab es auch gemeinsame Ausflüge mit den Pferden ins Gelände. Auf dem integrativen Reitweg, der durch das Engagement des Vereins „Wegbereiter” in Altenberge entstanden ist und ein gefahrloses Erleben der Natur für Kinder und Pferde möglich macht, ging es zum Bach und zur Pferdeschwämme, wo sich bei sommerlichen Temperaturen Pferde und Kinder erfrischen konnten. Auch eine Wanderung zum Speichercafè Dillmann mit Eis essen stand auf dem Programm.


    Ausblick

    „Es ist ja inzwischen wissenschaftlich hinreichend bewiesen, dass Lernprozesse durch Bewegung und Verbindung mit positiven Emotionen intensiver und nachhaltiger sind”, erklärt Evelyn Liedel den Erfolg ihres Konzepts. „Besonders für Kinder kann das Tier als Partner beim Erwerb bzw. der Erweiterung von Kompetenzen eine sehr wichtige Rolle spielen.” Auf diesen Erkenntnissen baut die erfahrene Lerntherapeutin ihre Schreibwerkstatt auf. Der Erfolg gibt ihr Recht. Auf dem Pferdefest am Ende der Woche präsentierten die Kindern den staunenden Eltern ihre Erfolge: einen selbst geschriebenen Zeitungsartikel, ein gemeinsam erarbeitetes Pferdequiz, selbst erstellte Steckbriefe von einzelnen Islandpferden und natürlich die reiterlichen „Kunststücke”.

    „Wir haben so viel Interesse und Begeisterung geweckt, dass wir nicht genug Plätze für alle Kinder haben. Deshalb überlegen wir, die Schreibwerkstatt auch bei anderen Höfen und in anderen Bundesländern anzubieten”, gibt Evelyn Liedel einen Ausblick. Kinder und Eltern würden sich darüber sicher freuen.


    Weiterführende Informationen

    Dokumentation

    Kinderartikel